Es werde Nacht

Totale Sonnenfinsternis in Madras, Oregon

Es war ja schon lange bekannt, dass am Montag, 21. August 2017 eine totale Sonnenfinsternis über die USA ziehen wird. Auch wir sind bereits bei der Vorbereitung unserer Reise auf dieses Datum gestossen; nur wussten wir lange nicht, ob wir zu jenem Zeitpunkt auch in der Nähe sein werden. Mit der Planung unseres letzten Teils der Reise durch Kalifornien, haben wir dies dann konkret in Angriff genommen. Den Flug nach Portland, das knapp 200 km nördlich des Zentrums der Finsternis liegt, ging noch flott. Ein Hotel in der besagten Zone zu finden war dann schon unmöglich und 1’000 USD für eine Lotterbude oder 200 USD für einen Campingplatz im Vorgarten war uns doch zu viel. Was also? Einen grossen Wagen mieten in dem wir auch schlafen werden und dazu einen Parkplatz für lumpige 25 USD. Freundlicherweise hat uns Rosa aus San Francisco, die wir früher auf der Reise in Shaxi kennengelernt hatten, noch mit warmen Decken ausgestattet. Natürlich haben wir auch den besten Ort gegoogelt und uns für Madras im zentralen Oregon entschieden: gut erreichbar, geringe Luftfeuchtigkeit, Hochebene. Nicht erstaunlich haben das auch andere rausgefunden…. Am Sonntag Mittag, 24 Stunden vor dem Ereignis sind wir gelandet, unseren Familienvan mit versenkbaren Sitzreihen bezogen, beim Safeway mit Getränken und Esswaren eingedeckt, welche das Überleben für die nächsten Tage sicher stellen wird. Mit grossen Erstaunen verlief die Anreise nach Madras ohne Probleme und der Parkplatz auf der abgemähten Wiese neben dem Flughafen war bald bezogen. Die Party im Hangar war schon in vollem Gange und die Teilnehmer waren teilweise sogar mit dem Flieger angereist. Auch Essen und Getränke waren in rauen Mengen vorhanden. Soweit also „Doppelt gemoppelt, hält besser“…

Im Schatten des Mondes

Nach einer kurzen, harten und auch kalten Nacht sind wir mit Hunderten anderen aus den Autos gekrochen, der Himmel zeigt kaum Bewölkung, die Stimmung ist hervorragend, Teleskope und Fotoapparate werden in Stellung gebracht, die Sonnenschutzbrillen werden probegetragen, alles ist bereit. Etwas Zeit um unsere Nachbarn zu studieren. Um 09:20 Uhr geht ein erster Aufschrei durch die Menge: der Mond schiebt sich von rechts oben langsam in die Sonne rein. Die Stunde vergeht zögerlich, es bleibt hell, auch wenn die Sonne nun zur Hälfte abgedeckt ist. Kann das sein? Es wird jedoch kühl und ein merkwürdiger Wind weht über die Ebene. Der Blick geht nun vermehrt gegen Westen, wo die Finsternis herkommen wird. 10.18 Uhr kommt der grosse Moment! Es wird Dunkel über uns, wie wenn ein grosses, grosses Raumschiff über uns schweben würde, denn am Rande der Ebene sind die Berge weiterhin taghell erleuchtet. Wir sind im totalen Mondschatten! Die Brille darf abgenommen werden und die für 2 Minuten vom Mond verdeckte Sonne ist nur noch an der Erhellung der Ränder des Mondes zu erkennen. Ja sogar Sterne und Planeten sind nun klar zu erkennen. Die Leute jubeln, einer fährt während der Finsternis mit aufgesetzter Brille sein Mountainbike („Never done that!!!), wir wissen nicht wohin schauen, wollen einfach nur den Moment geniessen und hoffen, dass er lange, lange dauert. Doch nach 2 Minuten und 5 Sekunden zieht der Mond weiter und direktes Sonnenlicht fällt wieder auf die unsere Köpfe. Das Licht bleibt allerdings vorerst noch einmalig gleichmässig. Der Spuk ist vorbei. Schade!

2017-08-21 10-19-35

CBS News, live aus Madras:

Was wir und wohl auch viele Andere nicht bedachten: Die Anreise zur Sonnenfinsternis verlief gestaffelt über 3 Tage; die Veranstaltungen liefen ja bereits seit Freitag. Nach der Sonnenfinsternis, wie nach einem Popkonzert stürmen alle mit dem letzten Ton, resp. mit dem ersten Sonnenstrahl ins Auto und fahren los. Und das gibt dann ein Riesenchaos!  Die ersten 500 Meter bis zur Hauptstrasse haben wir in 3 Stunden zurückgelegt, bis zum Eindunkeln sind wir im stetigen Stopp und Go Verkehr in 7 Stunden immerhin 140 km gefahren. Für eine Strecke die normalerweise in 100 Minuten zurückgelegt wird.

Nun wissen wir:

  • Es wird nicht komplett Dunkel während der Sonnenfinsternis
  • Wenige Prozente Sonnenfläche reichen um die Erde zu erleuchten
  • Während der Sonnenfinsternis (und nur dann) darf die Schutzbrille abgenommen werden (gilt auch für Präsidenten)
  • Das Erlebnis setzt bei uns enorme Mengen Glückshormone aus, die selbst nach 10 Stunden Stau und einer weiteren kalten Nacht im Van noch andauern
  • Wir möchten dieses einmalige Ereignis wieder erleben  und behalten unsere Brillen. Wer kommt mit?

4 Kommentare

    • Und hier kommt noch der Zeitfaktor dazu… Eine Stunde zu spät und du steckst nur noch im Stau…

  • So toll – hätte ich gerne erlebt! Hatte mal das Glück einen meteor shower im 2002 in up-state NY mit Jon zu erleben …
    Ihr beide erlebt tolle Sachen … danke für den Blog, irgendwie hat man das Gefühl auch etwas auf Reisen zu sein :-))))

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